Sonntag, 4. Juli 2010

Schwarzmalerei


Es ist WM.

Und alles schaut auf das runde Leder. Das ist nur natürlich, und nachvollziehbar. Vor allem, wenn die eigene Mannschaft so großartig spielt und Fußball-Gucken mal wieder richtig Spaß bringt.

Aber dass in der Zwischenzeit ein ganzes Ökosystem, ein ganzer Landstrich im Öl versinkt, und aus dem dem Leck der Deepwater Horizon weiterhin täglich tausende Tonnen von Öl sprudeln – ja, sprudeln, nicht sickern oder tröpfeln, sprudeln! - scheint die Presse und Öffentlichkeit hierzulande völlig ignorieren.

In den Zeitungen und im allgemeinen Bewußtsein steht die deutsche Elf im Vordergrund, oder die ach so schwierige Wahl eines neuen Präsidenten, der sowieso keinen großen Einfluß hat. Wer, bitte schön, interessiert sich schon für Wulff?

Die großen Probleme, die uns noch über Jahrzehnte beschäftigen werden - wie kommen wir durch die Finanz – und Wirtschaftskrise, wie ist das Ölleck endlich – ENDLICH!! – zu stopfen, wie leben wir mit den Folgen einer überalternden Gesellschaft - fallen einfach so hintenüber.

Und rutschen aus dem kollektiven Gedächtnis. Das war schon 2006 so. Damals hat die Regierung mal ganz heimlich eine höchst kontroverse Gesundheitsreform verabschiedet. Das hat aber keinen groß interessiert, denn es war ja gerade WM... Danach erst kam das böse Erwachen.

Und diesmal? G 20-Gipfel? Ausschreitungen in Toronto? Ölkatastrophe des größten bisher dagewesenen Ausmaßes? Nicht so wichtig, denn die Elf hat gerade gegen Argentinien gewonnen.

Das ist ein völlig normales Phänomen. Die Menschen wollen lieber feiern als trauern. Das würden die Argentinier sicher auch gern, höhö. Aber ein Auge sollte doch bitte, bei aller Euphorie, auf die drängenden Probleme (ach, böses Wort) unserer Gegenwart gerichtet bleiben.

Damit sich Öl-Konzerne wie BP nicht auf einmal die Hände reiben können, weil sich jetzt niemand mehr für ihr unfassbares, unglaubliches, unprofessionelles und katastrophales Mißmanagement und die daraus resultierenden über Jahrzehnte andauernden katastrophalen Umweltzerstörungen interessiert.

Fußball ist eine schöne Sache, aber nach dem 11.Juli ist alles vorbei. Dann regiert wieder der Alltag – und der findet nicht in einem Stadion oder vor dem Fernsehr, sondern im realen Leben statt.

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